Das Schachbrett steht auf dem Tisch, die Figuren sind aufgereiht. Einander gegenüber sitzen, wie immer, Herr V. und Herr J. Es kann losgehen.
In der Wärmestube Obdach Sautergasse haben sich zwei leidenschaftliche Schachspieler an in schwierigen Lebensphasen gefunden.
Herr V. verlor aus persönlichen Gründen seine Wohnung, zog in ein Chancenhaus und wurde Gast in der Wärmestube. Als kleiner Bub lernte Herr V. von seinem Opa das Strategiespiel. Die Freude darüber, im Obdach Sautergasse einen Schachpartner zu finden, war groß!
Denn Wohnungs- und Obdachlosigkeit bringt, neben vielen gesundheitlichen Herausforderungen, oft auch Einsamkeit mit sich. Wer am Rande der Gesellschaft lebt, hat oft kaum noch Freund:innen und soziale Kontakte oder Zeit und Ruhe für Hobbies.
So ging es auch Herrn J., der nicht gern über seine Vergangenheit und die zehn Jahre, in denen er obdachlos war und auf der Straße lebte, spricht. Seit kurzem ist er in einem Chancenhaus untergebracht, wo er sich wohl fühlt. Noch wohler fühlt er sich in der Wärmestube, der „Arena“ der Matches, in die ihn die Liebe zum Spiel bringt.
Zug um Zug entwickelt sich eine spannende Partie. Die Herren plaudern, überlegen, versuchen einander zu überlisten und das Spiel zu gewinnen. Nach der Zeit der Wohnungslosigkeit konnte Herr V. vor kurzem in seine eigene kleine Gemeindewohnung ziehen. Trotzdem kommt er nach wie vor in die Wärmestube, um seinen liebsten Gegner zu einer Partie Schach aufzufordern. Doch um Sieg oder Niederlage geht es in Wahrheit nicht. Denn beide Herren haben gewonnen, seit sie einander mehrmals die Woche für mehrere Stunden am Nachmittag in der Wärmestube Obdach Sautergasse zum Schachspielen treffen. Sie haben nicht nur einen angenehmen Ort zum Aufwärmen, Duschen, Essen, Wäsche waschen gefunden, sondern ein altes Hobby wiederbelebt und Freundschaft geschlossen.
Über die Wärmestube Obdach Sautergasse
Bis 2. Mai steht die Wärmestube bis zu 50 Menschen gleichzeitig und kostenlos zur Verfügung, um sich auszuruhen, bei kleinen Speisen und warmen Getränken zu stärken, zu duschen, Wäsche zu waschen oder ihre Sorgen mit den Betreuer:innen zu besprechen.