Eigentlich ist das Obdach aXXept eine Anlaufstelle für junge obdachlose Erwachsene. Während der Corona-Pandemie wurde es jedoch zur Versorgungsstelle für viele, erzählt Sozialarbeiterin Karo.
Wie waren die letzten Wochen?
Alles war anders. Die Notversorgung stand im Mittelpunkt. Das bedeutete Essens- und Getränkeausgabe im Vorraum des Obdach aXXept. Gleich in der Früh ging es los mit den Vorbereitungen dafür. Wir waren Lebensmittel einkaufen und haben gekocht. Denn eines war und ist in der Krise enorm wichtig für diejenigen, die zum Obdach aXXept kommen: Essen. Der Rest rutschte in den Hintergrund. In den ersten Tagen haben wir Eintöpfe und Nudelgerichte gekocht. Die Anzahl derer, die zu uns kamen, stieg aber deutlich an und wir mussten zusätzliche Portionen bei Gastronomiebetrieben bestellen. Durchschnittlich versorgten wir in den vergangenen Wochen 100 statt wie sonst 35 Personen pro Tag. Darunter waren auch viele neue Gesichter. Zum Beispiel haben auch von Armut betroffene ältere Menschen erstmals beim Obdach aXXept Unterstützung gesucht und sich über die Mahlzeiten gefreut. Das ging mir nahe. Zum Glück hatten wir ausreichend Ressourcen und konnten während der Krise viele Menschen gut versorgen!
Welche Sicherheitsmaßnahmen habt ihr gesetzt?
Seit Beginn der Corona-Pandemie gibt es keinen Tagesaufenthalt mehr im Obdach aXXept. Die NutzerInnen kommen einzeln herein, desinfizieren sich beim Eingang die Hände, können duschen, Wäsche waschen, die Post holen oder sich beraten lassen. Das SozialarbeiterInnenbüro ist nun hinter Plexiglas. Maximal drei NutzerInnen sind gleichzeitig im aXXept. Der Mindestabstand wird eingehalten, es gilt Mund-Nasen-Schutz-Pflicht. Das Team trägt zusätzlich Handschuhe und wir desinfizieren regelmäßig Türklinken, Tastaturen, Telefone, etc.
Wie ist die Stimmung?
Wirklich gut! Die NutzerInnen sind sehr freundlich, verständnisvoll und dankbar für unsere Angebote. Sie stehen geduldig bei der Essensausgabe an. Extra Schokolade und Obst sind besonders beliebt. Lob für unser selbstgekochtes Essen und unsere tolle Arbeit gab und gibt es viel, das freut mich am meisten. Auch im Team ist die Stimmung gut. Langsam macht sich jedoch Erschöpfung bemerkbar und ich freue mich darauf, wieder in Richtung Normalität zurückzukehren.
Wie sieht der Weg zum Normalbetrieb aus?
Wir stellen Schritt für Schritt auf Lunchpakete um, mit belegten Broten, gekochten Eiern und Obst. Und wir vermitteln behutsam jene, die nicht zu unseren „üblichen“ NutzerInnen gehören, an die passenden Stellen weiter. Ab Juni wollen wir wieder hauptsächlich unsere Zielgruppe betreuen und noch mehr vom Notbetrieb Richtung Alltag gehen. Das heißt wieder mehr Zeit für Beziehungsarbeit und Beratung. Die Maximalzahl an Personen im aXXept, die Sicherheitsmaßnahmen und die Verweildauer bleiben sicher noch länger an die Situation angepasst.
Worauf freust du dich am meisten, wenn die Lockerungen weiter so gut laufen?
Darauf, wieder mehr Zeit für die Beziehungsarbeit mit NutzerInnen zu haben. Und auf unsere Aktivierungsprojekte wie gemeinsames Kochen, den Breakfast Club, die Frauennachmittage etc., freue ich mich besonders, auch wenn es bis dahin noch dauert. Aber eines ist klar, das Obdach aXXept hat die Krise bisher gut gemeistert, eigentlich sogar gerockt. Wir haben das Beste aus der Situation gemacht.
Junge obdachlose Erwachsene finden im Obdach aXXept Möglichkeiten zum Duschen, Kochen, Wäsche waschen und Ausruhen. Auch ihre Hunde sind willkommen. SozialarbeiterInnen unterstützen die obdachlosen Menschen bei der Schlafplatzsuche, der Zukunftsplanung und gesundheitlichen wie seelischen Problemen. Bei Aktivierungsprojekten stehen Kreativität, Individualität und Gemeinschaft im Vordergrund.
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