Der 20. September ist der Tag des Kindes. Etwa 380 Kinder leben in den Einrichtungen von Obdach Wien, da sie und ihre Familien kein eigenes Zuhause haben – rund ein Viertel davon im Chancenhaus Obdach Favorita. Das Team versucht ihnen eine möglichst normale Kindheit zu ermöglichen und freut sich über Unterstützung durch Geld- und Sachspenden.
M. ist vierzehn Jahre alt, findet „Star Wars“ „gut“ und will Architekt werden, um Häuser zu bauen. Große Häuser, in denen viele Menschen ein Zuhause finden können. So wie das Chancenhaus Obdach Favorita, in dem er seit ein paar Monaten mit seiner Familie lebt. Er ist eines von rund 90 Kindern im Chancenhaus Obdach Favorita. Jedes Alter ist vertreten – vom Baby bis zum Teenager. Doch eines haben alle gemeinsam: Sie haben ihr Zuhause verloren.
Familien mit minderjährigen Kindern finden im Chancenhaus Obdach Favorita eine Bleibe und Betreuung. „Wir begleiten sie dabei, wieder selbstständig wohnen zu können“, erklärt Betreuerin und Kinderpsychologin Zahra Barzegar. Das Team unterstützt bei der Kommunikation mit Behörden, bei der Arbeits- und der Wohnungssuche. Das sind die großen Baustellen. Doch laut Zahra Barzegar gibt es auch unzählige kleine: „Die Wohnsituation wirkt sich auf jeden Lebensbereich aus. Kinder sind hier besonders empfindlich, da sie ein hohes Sicherheitsbedürfnis haben.“
Kinder brauchen Raum
Laut Zahra Barzegar ist der Verlust des eigenen Zuhauses für Kinder ein Schock: „Oft haben sie das Gefühl, die einzigen in dieser Situation zu sein. Sie ziehen sich zurück, schämen sich vielleicht sogar“. Für eine gesunde Entwicklung ist aber der Kontakt zu und Akzeptanz bei Gleichaltrigen wichtig.
Der Rückzug der Kinder kann aber auch praktische Gründe haben. Die Kleinwohnungen im Obdach Favorita bieten zwar eine sichere Bleibe, aber nur wenig Platz, um etwa Freunde einzuladen. Platz fehlt auch, um in Ruhe lernen zu können. Deshalb versucht das Team des Chancenhauses, den Kindern Normalität und Aktivitäten abseits der Kleinwohnungen zu bieten: Spiele- und Bastelnachmittage, Ausflüge, Feiern oder auch mal ein Tag am Bauernhof gehören dazu. So können sich die Kinder untereinander kennenlernen, Freundschaften pflegen und erkennen, dass sie nicht allein sind.
Bildung als Schlüssel
Die neue und von der Firma ÖSTU-STETTIN finanzierte Lernstube ist zum Herz der Angebotspalette geworden. Die Reaktionen der Kinder beim ersten Betreten des Raumes haben sich in die Erinnerung von Zahra Barzegar eingebrannt: „Wow, ist das für uns? Dürfen wir uns hinsetzen? Dürfen wir jederzeit wieder kommen?“ Ja, das dürfen sie. Das sollen sie sogar! Der 14-jährige M. hat über die Lernstube schon Freunde im Haus gefunden und nutzt sie immer gerne. Vor allem den gemütlichen Bereich mit dem bunten Sitzkissen: „Da kann man schön entspannen, mit anderen reden und vor allem am Laptop lernen.“ Denn Lernen ist ein zentrales Thema, weil es Zukunftsperspektiven schafft. Vor Corona gab es etwa wöchentlichen Nachhilfeunterricht in Englisch, Deutsch und Mathematik. Das Team freut sich über Unterstützung durch freiwillige MitarbeiterInnen und auf ein baldiges Ende der Pandemie.
Freiwillige MitarbeiterInnen können Kindern in Obdach Wien Einrichtungen zusätzliche Bildungsangebote wie Nachhilfestunden ermöglichen und damit Zukunftsperspektiven eröffnen! Kontaktieren Sie uns, wenn sie mehr Informationen brauchen oder sich für freiwillige Mitarbeit anmelden möchten.
Nicht stehen bleiben
Zusätzlich zur Lernstube ist nun auch eine Betreuungsmöglichkeit für Kindergartenkinder geplant. „Es ist mir besonders wichtig, dass wir bei unseren Angeboten nicht stehen bleiben, sondern immer weiterdenken und unseren Kindern immer mehr ermöglichen wollen. Jedes Kind braucht einen Ort, an dem es spielen und lernen kann. Das ist kein Luxus, sondern die Basis für eine gesunde Entwicklung und Selbstwert“, so Zahra Barzegar.
Kinderträume auf Papier
Das Angebot wirkt und wird angenommen. Das sieht man an den fröhlichen und bunten Kinderzeichnungen, die die Lernstube schmücken. Besonders viele Davon zeigen farbenfrohe Häuser. So stellen sich die Kinder ein Zuhause vor, in das sie hoffentlich bald mit ihrer Familie ziehen werden. Und bis dahin können sie weiter Kinder sein und ihre Kindheit genießen. M. freut sich etwa auf seinen Geburtstag und hofft, mit ein paar Freunden in der Lernstube feiern zu können.
"Kinder brauchen Sicherheit und Raum für eine gesunde Entwicklung": Betreuerin und Kinderpsychologin Zahra Barzegar und das ganze Team des Obdach Favorita arbeiten täglich daran, beides zu ermöglichen und freuen sich über Unterstützung.