Eine sinnvolle Tätigkeit, bei der man Menschen ohne Obdach helfen kann: Julian Lechner ist über den Zivildienst im Obdach Wurlitzergasse zu einem Job als Betreuer gekommen. Das hat sein Leben verändert.
„Obdach Wien hat mich aus einem unglaublichen Tief herausgeholt“, so Julian Lechner. Der 22-Jährige ist frischgebackener Betreuer im Chancenhaus Obdach Wurlitzergasse. Er ist gleich nach seinem Zivildienst übernommen worden und sehr glücklich darüber. „Das erste Mal in meinem Leben spüre ich, dass ich etwas wert bin und etwas bewirken kann“. Bevor er zu Obdach Wien kam, hatte Julian die Hoffnung auf einen erfüllenden Beruf fast schon aufgegeben. Deshalb ist es für ihn wichtig, seine Geschichte zu teilen und anderen jungen Menschen damit eine Perspektive zu geben.
„Ich glaubte lang genug, dass ich allein bin und es nicht mehr bergauf geht, doch ich habe es geschafft, mich aus diesem Loch herauszuziehen und möchte nun anderen dabei helfen.“
Julian Lechner, Betreuer im Obdach Wurlitzergasse
Schwieriger Berufseinstieg
Wie die Schwierigkeiten begannen? Mit 12 Jahren trennten sich Julians Eltern und er brach den Kontakt zu seinem Vater und zur Hälfte seiner Familie ab. Beruflich lief es nicht besser. In der Tischlerlehre erlebte er alles - von Mobbing über Rassismus bis hin zu Drohungen, wie er erzählt . Nach dem Abschluss probierte er vier Tischlereien aus, erlebte jedoch in jeder das Gleiche.
Neustart im Obdach Wurlitzergasse
Wer in jungen Jahren viel Negatives durchmacht, kann den Glauben an die Menschen und die Zukunft verlieren. Die Folge sind Depressionen oder psychische Probleme. „Ich selbst war nicht von Obdachlosigkeit betroffen, aber psychisch ist es mir sehr schlecht gegangen“, sagt Julian. Heute helfen ihm die jahrelangen schlechten Erfahrungen, sich besser in andere Menschen hineinzuversetzen. Dieses Gespür setzt Julian in der Arbeit mit den BewohnerInnen des Chancenhauses Obdach Wurlitzergasse ein. Als jüngstes Teammitglied hat Julian einen besonders guten Draht zu den BewohnerInnen in seinem Alter: Sie vertrauen sich ihm gerne an und fragen um Rat.
Mosaik schöner Momente
„Heute freue ich mich beim Aufstehen auf den Arbeitstag, auf das Team und darauf, Menschen zu helfen.“ Und im Detail? Es ist keine bestimmte Tätigkeit, die Julians Arbeitstag erfolgreich macht, sondern ein Mosaik aus kleinen Erlebnissen. Jeden Tag kommt etwas dazu: Das Gespräch mit einem Bewohner, der sich öffnet und seine Geschichte erzählt, das Wiedersehen mit einem alten Ehepaar, das zwar schon aus dem Chancenhaus ausgezogen ist, aber immer wieder zu Besuch kommt oder das Lächeln einer Bewohners, für den Julian einen Amtstermin organisiert hat.
Das Beste am Job
Was sich Julian für die Zukunft wünscht? Eigentlich ist er fast „wunschlos glücklich“. Er freut sich auf Weiterbildungen, für die er sich möglichst bald anmelden wird. Er ist glücklich darüber, vor Kurzem in Mailand für eine bekannte Modemarke gemodelt zu haben. Das hübsche Gesicht des schlanken jungen Mannes flimmert derzeit über zahlreiche Werbetafeln. Trotzdem hat Julian nicht vor, seinen Job als Betreuer an den Nagel zu hängen. Denn: „Ich kann nicht die ganze Welt ändern. Aber ich gebe nun mein Bestes, um Sie Schritt für Schritt zu verbessern.“
Obdach Wien ist eine gemeinnützige GmbH und 100%-ige Tochtergesellschaft des Fonds Soziales Wien. Wir unterstützen obdach- und wohnungslose sowie geflüchtete Menschen bei ihrem Neubeginn. Unsere Angebote reichen von Straßensozialarbeit über Sozial betreute Wohneinrichtungen bis hin zu Unterkünften für geflüchtete Menschen. Aktuelle Stellenangebote und Möglichkeiten zum Bewerben finden Sie hier: Jobportal des Fonds Soziales Wien