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Aktuelles

Hilfe vor Ort: unterwegs mit der Straßensozialarbeit von FSW Obdach

20. Januar 2025

Das Thermometer steht auf -1 Grad, kleine Schneeflocken fallen vom grauen Himmel. Hassan Habakzeh und seine Kolleg:innen lassen sich davon nicht stören. Sie sind bei jedem Wetter unterwegs, um Menschen zu unterstützen, deren Zuhause die Straßen Wiens sind. Im über sieben Kilogramm schweren Rucksack, den sie mitführen, steckt Vieles, was beim Überleben hilft. Aber auch Infos zu weiterführenden Angeboten gibt es im Gepäck: Im besten Fall verschaffen Hassan und seine Kolleg:innen damit den Menschen, die sie betreuen, ein Dach über dem Kopf.

Hassans Arbeitstag beginnt in der Zentrale von Obdach unterwegs, der Straßensozialarbeit von FSW Obdach. Hier, in der Pazmanitengasse im 2. Bezirk, werden Anfragen koordiniert, Routen geplant und Einsätze vorbereitet. Das Team besteht aktuell aus 16 Sozialarbeiter:innen und drei vier Koordinator:innen.

Sie haben viel zu tun, vor allem im Winter. Denn das Winterpaket des Fonds Soziales Wien (FSW) bietet neben zusätzlichen Ressourcen für Menschen auf der Straße mit der FSW-KälteApp auch den Wiener:innen die Möglichkeit, Hilfe für Menschen ohne Obdach anzufordern. Allein im Dezember 2024 sind per KälteApp über 800 Meldungen bei Obdach unterwegs eingelangt.

Heute werden die eingehenden Meldungen von Koordinatorin Patricia Cseri bearbeitet: „Zum einen ist es schwierig zu sehen, dass so viele Menschen Hilfe brauchen. Zum anderen ist es großartig, dass sie Hilfe erhalten und ich daran mitarbeiten kann!“, findet Patricia. Viel Zeit zum Plaudern hat sie nicht, denn schon geht die nächste E-Mail ein. Eine Meldung zu einem Menschen ohne Obdach, der ganz in der Nähe im 2. Bezirk Hilfe brauchen könnte.

Koordinatorin bei der Arbeit. (Bild: FSW)

Patricia Cseri koordiniert die Meldungen, die über die KälteApp bei Obdach unterwegs einlangen. Sie kontaktiert Partnerorganisationen, stimmt die Einsätze ab und verarbeitet die Infos so, dass die Kolleg:innen von der Straßensozialarbeit gut vorbereitet sind.

Wo geht es hin?

Auf dem großen Wien-Plan mit vielen bunten Zetteln sind die wichtigsten Partnerorganisationen, Kontakte und Infos auf einen Blick zu finden. Obdach unterwegs arbeitet mit mehr als 15 Partnerorganisationen zusammen und stimmt jeden Einsatz ab.

Welches Team übernimmt, hängt davon ab, wo sich eine Person oder Personengruppe befindet, ob sie bereits von jemandem betreut wird und natürlich auch von der Uhrzeit. Obdach unterwegs ist Tag und Nacht in ganz Wien im Einsatz und übernimmt rund 50 Prozent der Meldungen.

Zusätzlich werden zurzeit regelmäßig 13 verschiedene Routen begangen, um Menschen ohne Obdach proaktiv Unterstützung anzubieten. Auch Begleitungen übernimmt das Team, etwa zu wichtigen Amtsterminen oder medizinische Untersuchungen. Diese sind oft der erste wesentliche Schritt aus der Obdachlosigkeit heraus.

Hassan Habakzeh vor dem großen Wien-Plan in der Zentrale von Obdach unterwegs. (Bild: FSW)

Auf einen Blick: Vor dem großen Wien-Plan erklärt Hassan Habakzeh die vielfältigen Verschränkungen in der Arbeit mit Partnerorganisationen. Die Einsätze werden nach Gebieten, Schwerpunkten und Ressourcen aufgeteilt.

Alles Überlebenswichtige

Bevor es in die Stadt geht, muss einiges vorbereitet werden: Thermoskannen mit heißem Wasser, Instantkaffee, Tee, Suppen, Konserven, Info-Materialien, Erste-Hilfe-Täschchen und warme Sachen, etwa Hauben oder Handschuhe – der Rucksack wird vor dem Einsatz mit allem gefüllt, das Wärme und Energie spenden kann.

Schlafsäcke, Isomatten und warme Kleidung im Lager von Obdach unterwegs. (Bild: FSW)

Das Lager ist gut gefüllt. Dank Sachspenden gibt es immer genügend warme Kleidung, dank Geldspenden kann auf akuten Bedarf schnell und unbürokratisch reagiert werden.

Hassan hat alles aus dem Lager geholt. Dort türmen sich haltbare Lebensmittel, Schlafsäcke und warme Kleidung. Letztere erhält Obdach unterwegs oft als Sachspende. Geldspenden kommen zum Einsatz, wenn ein dringender Bedarf akut gedeckt werden muss wie z.B. für die Wiederbeschaffung von persönlichen Dokumenten. „Wir sind dankbar für diese Unterstützung und die Solidarität in der Wiener Gesellschaft“, sagt der Sozialarbeiter.

Der über sieben Kilogramm schwere Rucksack wird jeden Morgen von den Sozialarbeiter:innen neu gepackt. (Bild: FSW)

Jeden Morgen wird der Rucksack gefüllt. Ideal ist es, wenn am Ende des Tages die Thermoskanne leer ist und die Lebensmittel und Infobroschüren verteilt wurden.

Im Einsatz

Hassan und eine Kollegin – die Teams sind immer zu zweit unterwegs – gehen zu Fuß zum gemeldeten Einsatzort, an dem ein obdachloser Mann gesehen wurde. Auf dem zugewachsenen Gelände, das als Parkplatz dient, sieht man zunächst keine Spuren. Erst beim näheren Hinsehen zeigt sich hinter vertrockneten Büschen ein Stück Stoff – es ist ein Schlafsack. Sein Besitzer ist nicht da. Er wärmt sich wohl gerade irgendwo auf oder holt sich etwas zu essen.

Die Stelle im Gebüsch ist nicht sicher vor Wind und Wetter, aber immerhin vor Blicken. „Bei obdachlosen Menschen steht die Sicherheit an erster Stelle. Sie wollen nicht gesehen werden“, erklärt Hassan. Er und seine Kollegin werden später wieder kommen, um nach dem Mann zu sehen, ihm etwas zum Essen und einen warmen Tee anzubieten – und Informationen dazu, wie es für ihn weiter gehen könnte.

Ein Einsatzort unweit der Zentrale. (Bild: FSW)

Menschen ohne Obdach versuchen möglichst sichere und abgelegene Orte zum Übernachten zu finden.

Als nächstes geht es zum Schwedenplatz. Der belebte Ort ist der Start einer rund neun Kilometer langen Runde durch den Ersten Bezirk. „Menschen ohne Obdach sind immer in Bewegung und auf der Suche nach einem sicheren Ort. Deswegen reagieren wir nicht nur auf Anfragen, sondern versuchen Menschen aktiv dort zu kontaktieren, wo sie sich gerade aufhalten.“

Das Team spricht einen Mann an, der mit einer dicken gelben Jacke bekleidet ist. Er hat warme Schuhe an und wirkt gepflegt. Was ihn verraten hat? Die große und prall gefüllte Tasche und der müde Gang. Hassan fragt, wie es ihm geht. Ob er etwas braucht. Der Mann bekommt einen dampfend heißen Kaffee. Er lächelt und erzählt ein wenig von sich. Und von dem, was er sich wünschen würde: wieder mehr soziale Kontakte. Und ja, ein Zuhause.

Er bekommt Infomaterialien und Adressen geeigneter Anlaufstellen. Obdach unterwegs wird ihn weiter betreuen und ihm so viel Unterstützung bieten, wie er annehmen möchte. Viele Menschen ohne Obdach scheuen aus Schamgefühl davor zurück, die in Wien gut ausgebauten Hilfssysteme zu nutzen. Bei dem Mann in Gelb ist Hassan optimistisch.

Eine der 13 Routen, auf denen die Straßensozialarbeit in Wien unterwegs ist, beginnt am Schwedenplatz. (Bild: FSW)

Menschen ohne Obdach sind nicht immer auf den ersten Blick erkennbar. Vor allem Frauen versuchen, sich ihre Notsituation nicht anmerken zu lassen.

„Bei unserer Arbeit geht es sehr stark um Vertrauen und Begleitung. Geduld zahlt sich aus“, erklärt der Sozialarbeiter. Er erzählt von einer Frau, die durch das Leben auf der Straße psychisch und körperlich sehr angeschlagen war. Durch Betreuung und Gespräche über einen längeren Zeitraum konnte sie sich stabilisieren, Vertrauen aufbauen und schließlich in ein Chancenhaus ziehen. Sie hat damit einen Wohnplatz und die Aussicht auf einen Neustart.

Neben Geduld stellt der Job auch andere Anforderungen an die Sozialarbeiter:innen: Ein Gespür für Menschen und die Bereitschaft zur Teamarbeit. „Gut ist es auch, wenn sich Bewerber:innen in Wien auskennen. Aber letztlich ist das keine Vorgabe, denn das werden sie bald, nachdem sie bei Obdach unterwegs angefangen haben“. Der größte Anreiz ist für ihn: „Eine Arbeit mit Sinn und Wirkung.“

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Job mit Sinn

Möchten Sie Teil von Obdach unterwegs werden? Interessieren Sie sich für einen anderen Bereich der Arbeit von FSW Obdach? Offene Stellen, die Möglichkeit zur Initiativbewerbung und Informationen über das Unternehmen finden Sie im FSW-Jobportal.

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