Menschen ohne Zuhause fühlen sich so, als wären sie alleine auf der Welt. Wohnungsverlust ist oft mit Hilflosigkeit, Scham und dem Gefühl von Ausgrenzung verbunden. Warum ich das weiß? Weil ich es selbst erlebt habe.
Ich war von Obdach- und Wohnungslosigkeit betroffen. Und es ist hart. Man versucht zu überleben. Man versucht die Basisbedürfnisse zu decken und vieles bricht dabei weg: Dinge und Menschen, die einem wichtig waren und irgendwann auch man selbst - also die psychische und physische Gesundheit. Man verliert das Vertrauen in sich und auch in anderen. Obwohl Wohnungsverlust jede:n treffen kann - vor allem in schwierigen Zeiten. Man fühlt sich trotzdem, als wäre man auf einer Insel gestrandet. Jede:r auf einer eigenen - alleine mit allen Problemen.
Weg von der Insel
Heute versuche ich die Menschen aus dieser Isolation zu holen. Ich bin Betreuer im Chancenhaus Obdach Wurlitzergasse. Die Bewohner:innen können mit jedem Problem zu mir kommen. Oder ich komme zu ihnen. Wenn ich merke, dass sie etwas beschäftigt, über das sie nicht offen sprechen können. Wenn ich merke, die Person traut sich nicht, ein Angebot anzunehmen, das ihr helfen würde. Als jemand, der persönlich die Erfahrung von Obdachlosigkeit und Wohnungslosigkeit gemacht hat, weiß ich, was in ihnen vorgeht. Ich verstehe sie. Zuerst glauben sie mir oft nicht, dass ich in der gleichen Situation war. Dann fangen sie an sich zu öffnen, denn sie sehen: Wohnungslosigkeit ist keine Endstation. Man kann aus seiner Lebenserfahrung, so schwierig sie auch sein mag, etwas für sich mitnehmen und anderen damit helfen.
Hier bin ich richtig
Ich habe das Glück, in meinem Team und in unserem Unternehmen Fonds Soziales Wien Obdach als Mensch angenommen zu werden, der etwas Wichtiges beitragen kann. Nach dem Abschluss eines Zertifikatlehrgangs habe ich als Peer-Mitarbeiter im Chancenhaus Obdach Wurlitzergasse begonnen. Peer-Mitarbeiter:innen sind Menschen, die selbst in der Situation waren, kein Zuhause zu haben. Ich habe interne Weiterbildungen abgeschlossen und versuche mich zu spezialisieren und Schwerpunkte zu setzen. Seit 2023 arbeite ich als Betreuer mit Schwerpunkt auf Gesundheitsfragen im Chancenhaus Obdach Wurlitzergasse. Und hier bin ich genau richtig.
Das Chancenhaus
Grundsätzlich steht das Obdach Wurlitzergasse allen wohnungslosen Erwachsenen und Paaren – auch ohne aktuelle Förderbewilligung – offen. Sie können in der Regel bis zu drei Monate im bei uns wohnen und Betreuung bekommen. Unser Team hilft ihnen dabei, sich zu stabilisieren und Perspektiven für die Zukunft zu finden. Ich persönlich helfe ihnen dabei, anzukommen, sich verstanden zu fühlen und Vertrauen zu fassen. Wenn ich ihnen sage, dass ich sie und ihre Situation verstehe, dann können sie mir das sofort glauben.
Über Lajcika Nadj
Lajcika Nadj war bis Ende 2022 Peer-Mitarbeiter im Chancenhaus Obdach Wurlitzergasse. Nach der Absolvierung des entsprechenden Zertifikatlehrgangs konnte er seine Lebenserfahrung dazu nutzen, Menschen ohne Zuhause zu helfen und ihnen auf einer sehr persönlichen Ebene zu begegnen. Seit 2023 ist er, nach wie vor im Obdach Wurlitzergasse, Betreuer mit Schwerpunkt auf Gesundheitsfragen.
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Akutangebot zum Schutz von Menschen ohne Obdach: Sozialarbeiter Johannes Schett berichtet über die erste Nacht im Schutzraum im Obdach Josi. weiter
Lydia absolvierte ihre Ausbildung zur Peermitarbeiterin. Seitdem ist sie Teil von Obdach Forum & möchte einen Schwerpunkt auf Angebote für Frauen setzen. weiter
Als Reaktion auf die Angriffe auf Menschen ohne Obdach hat FSW Obdach einen zusätzlichen Schutzraum für obdachlose Menschen für die Nachtstunden organisiert. weiter